DIE STUDIE RENDERINGCODES ALS FUNDAMENT
Das Konzept sollte nach dem Leitmotiv „Zukunft braucht Herkunft“ einerseits analytische, erzählende und haptische Einblicke in die Vergangenheits- und Gegenwartsbetrachtung präsentieren und andererseits impulsgebend und inspirierend wirken. Ein weiteres Ziel war es, den Besuchern die Möglichkeit zu geben, an jeder Stelle in das Thema einsteigen zu können und sich interessengelenkt durch die Vergangenheit in Richtung Gegenwart und Zukunft zu „bewegen“.
Unsere Auswertungen der Architekturbetrachtung machen deutlich, dass wir aus einer Architekturkultur kommen, in der bei öffentlichen und repräsentativen Gebäuden viele Jahrhunderte mit Stein, Putz, Holz, Ton, Lehm bzw. regionalen Baustoffen gebaut wurde. Das Verhältnis von Mauer zu Maueröffnung lag bis vor 40 Jahren immer zugunsten der Mauer beziehungsweise der Fassadenflächen. Um die Mitte des vergangenen Jahrhunderts gab es beobachtbare Veränderungen. Es wurde zunehmend mehr mit Glas und Stahl, mit vorgehängten Fassaden und damit auch mit anderen Werkstoffen gebaut.
Zusätzlich fand in den letzten Jahrzehnten eine Materialglobalisierung statt, die regionale Traditionen und Werkstoffe in den Hintergrund gedrängt hat. In den letzten 15 Jahren wuchs zudem die Vielfalt an neuen interessanten Materialien. Dies wurde begleitet von sich immer weiter entwickelnden Produktions-, Planungs- und Bauprozessen. Architekten und Designer haben sich in dieser Zeit angenähert, in vielen Architekturbüros sitzen heute Kommunikations-, Licht-, oder Farbdesigner. Das hatte nicht selten zur Folge, dass vor allem bei repräsentativen Bauten oder Markenbauten die „Fassadenbekleidung“ immer häufiger entkoppelt von der dahinterliegenden baulichen Struktur gestaltet wurde. Der seit der klassischen Moderne geltende Grundsatz „form follows function“ hat sich ein Stück weit aufgelöst und Gestalter haben sich die Freiheit genommen, die Fassaden und Oberflächen mit neuen Techniken und Materialien ornamenthaft, vielschichtig, grafisch bis dekorativ zu gestalten.
Der Blick in die Vergangenheit zeigt, dass grundsätzlich alle architektonischen und materialhaften Veränderungen und Neuerungen von gesellschaftlichen oder technischen Entwicklungen getrieben und beeinflusst sind. Auch die Energiewende hinterlässt aktuell Spuren und bringt wieder eher geschlossen erscheinende Fassaden zum Vorschein. Als Ergebnis der Verfügbarkeit nahezu aller Materialien, steigt im Gegenzug der Drang nach lokalen authentischen Baustoffen wieder an.
Putz hat nach unserer Auswertung in den letzten 25 Jahren eine Vielzahl von interessanten und innovativen „Produkt-Wettbewerbern“ an der Fassade bekommen. Die „ästhetische Produktentwicklung Putz“ hat sich dabei leider wenig spürbar an diesen Wettbewerbern orientiert und stellt sich daher bis heute meist nur in den klassischen Körnungen oder den wiederbelebten historischen Oberflächentechniken dar. Der Blick nach vorne, Richtung Zukunft muss also im Interesse unserer Baukultur beginnen und methodisch betrieben werden. Basierend auf der Auswertung der Vergangenheits- und Gegenwartsbetrachtung hat das IIT mit Studierenden narrativ und bildhaft gelagerte Szenarien zum Thema „rendering- CODES“ entwickelt und stellte diese zunächst skizzenhaft und bildhaft als wünschenswerte Zukunftszenarien dar. Die Ansätze und Inhalte der Szenarien basieren auf wesentlichen Tendenzen sogenannter Trends und Megatrends wie Digitalisierung, Individualisierung und/oder Nachhaltigkeit. Die Kreation der Szenarien baut dabei bereits sichtbare und spürbare Veränderungen sowie Entwicklungen aus Gesellschaft, Technik und Produktentwicklung mit ein. Themen wie Optionensouveränität, Dualität, Erwartungen an smart materials sowie reaktive beziehungsweise interaktive Oberflächen wurden integriert. Als Teil der Szenarien sind zusätzlich in den Laboren der Hochschule neue und experimentelle Materialoberflächen als Materialstudien entstanden.