Nach der Entwicklung des Masterplans geht es in die vertiefende Detail-Planung, angefangen bei den Ausschreibungen für die vielen Gewerke über die Bauleitung vor Ort bis hin zur Inbetriebnahme und technischen Eventbetreuung. Allerdings spielen Verordnungen und Bürokratie oft gegen das Team und die Zeit. Die erforderlichen Bauten passen beispielsweise selten in die bekannten Gebäudeklassifizierungen. So kommt etwa ein Boxengebäude in der regulären Baugesetzgebung nicht vor. Als Folge wird das Erdgeschoss mitsamt Boxen üblicherweise als Werkstatt mit entsprechenden Brandlasten und resultierenden Brandschutzanforderungen kategorisiert. In den Boxen befinden sich schließlich ganze Computerzentralen und Rennautos sowie Reifen, Zubehörteile und Öl – also Equipment mit sehr hohen brandschutztechnischen Anforderungen.
Direkt darüber finden etwa 5.000 VIPs auf ein bis zwei Etagen, im sogenannten „Paddock Club“ Platz, zuzüglich Service-Personal und Sicherheitskräfte. Dazwischen gibt es weitere Räumlichkeiten für das Catering. Der gesamte Bereich wird in den Verordnungen als Versammlungsstätte eingeordnet – in der Summe handelt es sich also um zwei Kategorien, die aus Sicht des Brandschutzes extrem schwer unter einen Hut zu bekommen sind. Deshalb muss der Genehmigungsprozess in vielen Ländern zu einem bestimmten Zeitpunkt vom weiteren Bau- und Planungsprozess entkoppelt werden, um eine pünktliche Inbetriebnahme nicht zu gefährden.
Die Voraussetzungen für das Team sind damit klar definiert: Neben Parametern wie Teamwork, Enthusiasmus und Kompromissbereitschaft braucht es Technologie, Flexibilität, multikulturelles Verständnis und ein strapazierfähiges Nervenkostüm. Nur mit einem eingespielten Team können Projekte dieser Größenordnung in der vorgegebenen Zeit entwickelt und realisiert werden.
Rückblickend auf mehr als 30 Jahre Erfahrung im Bereich der Planung und des Baus von Rennstrecken und automobilen Testanlagen ist für das Planungsbüro Tilke jedes Bauvorhaben einzigartig und – während seiner Entwicklung – unberechenbar. Und doch wurden alle Projekte „just in time“ fertiggestellt und avancierten zu neuen Highlights im Rennkalender. Es hat also seine Gründe, dass die Hälfte der insgesamt 20 Strecken des aktuellen Formel-1-Rennkalenders von Tilke geplant und gebaut wurden.