Nr. 3/2017
Das online Kundenmagazin der Schwenk Putztechnik

BAUPHYSIK 2.0 |

Kernsaniert, ausgebaut, hoch gedämmt und mit einem schicken Penthouse, präsentiert sich das 68er-Mehrfamilienwohnhaus in Topform. PU-Dämmstoffe, auch in Verbindung mit Holzkonstruktionen, waren hier erste Wahl.

VON GERARD HALAMA

SCHICKES WOHNEN in Friedrichshafen am Bodensee. Wer es sich leisten kann, sogar im Penthouse.

Wohnen in Friedrichshafen am Bodensee ist fast wie Urlaub, wenn da nicht die wachsende Universität wäre, die vielen Studenten, die Singlehaushalte und dazu die Urlauber, die alle kleine Wohnungen für eine begrenzte Zeit benötigen. Zudem suchen immer mehr Praktikanten, Freiberufler, projektbezogen arbeitende Lehrkräfte oder Berater kleine Wohnungen mit leistungsfähiger Infrastruktur, quasi preiswerte hotelähnliche Strukturen. Bei der Kernsanierung eines Mehrfamilienhauses standen genau diese Zielgruppen im Fokus.

BEI DER PLANUNG WURDE SICH BEWUSST FÜR PU-DÄMMSTOFFE ENTSCHIEDEN

Im Zuge der Arbeiten wurden Balkone abgesägt, neue Fenster eingesetzt, Keller und Wände mit PU-Dämmstoffen hoch gedämmt, das Haus zum Süden baurechtskonform erweitert und ein Penthouse auf das Flachdach gesetzt. Die Nutzfläche wurde dabei von 360 auf 483 m2 erhöht. Beheizt wird das Gebäude, dessen Primärenergiebedarf von 400 auf 12 kWh/ (m2 • a) reduziert wurde, mit der Abwärme mehrerer Server eines dezentral operierenden Rechenzentrums (Cloud & Heat). Statt der einst sechs Mietparteien wohnen hier jetzt bis zu 16 Personen in fünf Appartements, zwei Wohnungen und zwei WGs. Das neue Penthouse führt zu einer städtebaulichen Nachverdichtung und setzt der ambitionierten Sanierung die Krone auf.

INNEN LIEGENDE HOLZMATERIALIEN und außen liegende PU-Dämmstoffe vereinen die Vorzüge beider Baumaterialien.

Leicht und leistungsfähig: Das Penthouse musste leicht sein, weil die Statik nicht mehr zuließ. Und es musste, wie alle anderen Bauteile dieses Hauses, höher als hoch gedämmt sein, damit trotz der konstruktiv bedingten Schwächen eines 68er-Bauwerkes die Vorgaben für ein KfW-Effizienzhaus 55 erfüllt wurden. Architekt und Bauherr haben sich bei diesem Bauwerk bewusst für PU-Dämmstoffe entschieden. Das naheliegende puren-Werk in Überlingen versprach kurze Wege und kompetente Beratung. Der Dämmstoff wird zudem wegen seiner brandhemmenden Eigenschaften für WDVS-Brandschutzriegel eingesetzt, ist feuchte- sowie schimmelresistent und – im Fall von puren – mit der erfolgreichen Recycling-Produktfamilie purenit bis zur Wiederverwertung durchdacht. Um die Leistung der Penthousekonstruktion zu steigern und das Gewicht der Aufstockung zu reduzieren, wurden die klassischen Holzkonstruktionen mit PU-Dämmsystemen ergänzt.

Chancen nutzen: Die Gestaltung des Penthouse nimmt Rücksicht auf die ursprüngliche Architektur der 68er-Jahre und ist gezielt von den Umrissen des ursprünglichen Bauwerkes zurückgesetzt. So ist es als Konstrukt einer neuen Zeit erkennbar. Die um 45° zum Nachbarn geneigte West-Dachfläche des Penthouse ist dem Baurecht geschuldet und wurde, um dem Kompromiss auch etwas Gutes abzuringen, für eine Photovoltaikanlage genutzt.

Der Entwurf des Penthouse und die Planung der Gesamtsanierung stammen vom Architekturbüro Albrecht Weber. Der Architekt ist auf Baudenkmale und Sanierungen spezialisiert. Mitarbeiter Dipl.-Ing. (FH) Innenausbau Michael Kolb, ein Absolvent der Hochschule in Rosenheim, plante die Bauphysik des Penthouse. Das Ziel einer bestmöglichen Dämmung wurde an Dach und Wand mit einer außen liegenden zusätzlichen Dämmlage aus PU-Dämmstoffen erreicht. Die Holzständerwände wurden mit Holzfaser-Einblasdämmung, das Dachtragwerk mit einer Holzspan-Lehm- Einblasdämmung gedämmt und sind jeweils von außen mit einer mindestens 8 cm dicken PU-Platte der WLS 027 bekleidet. Dieser Materialmix verbessert den Wärmeschutz erheblich. „Solche Konstruktionen sind zurzeit im klassischen Holzbau noch nicht Alltag, aber völlig unkritisch“, so Kolb. „Die Berechnung der Bauphysik ergibt beispielsweise in der Wand bei einem hervorragenden U-Wert von 0,11 W/(m2 • K) nur eine geringe Tauwassermenge von 125 g/m2. Dieser steht eine deutlich größere Verdunstungsmasse gegenüber. Der Nachweis war sogar mit dem Glaser-Verfahren problemlos möglich. Wir mussten noch nicht einmal WUFI (hygrothermische Simulation) bemühen.“

HINTERGRUND
Bauvorhaben: Grundsanierung und Ausbau eines Mehrfamilienwohnhauses in Friedrichshafen
Baujahr: 2014
Architekt: Dipl.-Ing. Albrecht Weber, Büro für Baudenkmale, neuzeitlicher Holz-LehmBau, Langenargen am Bodensee, www.albrecht-weber.com
Zimmerer: Weizenegger GmbH, Bad Wurzach, www.holzbau-weizenegger.de
Dachdecker: Eugen Bubeck, Oberteuringen, www.eugenbubeck.de
WDVS: Pfeiffer GbR, Stuckateurbetrieb, Tettnang, www.pfeiffer-tettnang.de
Fenster: Franz Weber Fensterbau e. K., Friedrichshafen, www.fensterweber.de
Statik: Fecher Werner Bürklin, Langenargen, www.fecherrundelpartner.de
HLS-Planung: Planungsbüro Burr GmbH, Leutkirch im Allgäu, www.pb-burr.de
Heizung (Server): Cloud & Heat, www.cloudandheat.com
Baustoffe: purenotherm (WDVS), purenotherm PD (Perimeterdämmung), puren MV Flachdachdämmung, Steildachdämmsystem puren Plus, puren gmbh, Überlingen, www.puren.com

Architekt Albrecht Weber sieht eine Konstruktion aus innen liegenden Holzmaterialien und außen liegenden PU-Dämmstoffen auf seine Weise: „Wir haben die Vorzüge der verschiedenen Baustoffe vereint. Innen haben wir sorptionsfähige Materialien, außen feuchteund schimmelresistentes PU. Das Prinzip ergibt Sinn. Als holzaffines Architektur- und Ingenieurbüro planen wir Architektur und Bauphysik sehr bewusst. Jedes Material hat seine Stärken und seine Berechtigung. Wem dieser Sachverstand fehlt, verpasst wahrscheinlich Chancen und Möglichkeiten. Wir konnten an diesem Penthouse mit dem Materialmix die Massen der Wände und Dächer reduzieren und den Wärmeschutz erheblich verbessern.“ Was in der Bauwerkshülle an Massen eingespart werden konnte, kam unter anderem dem Bodenaufbau mit 220 mm Holzspan-Lehm-Dämmschüttung, einer in Stampflehm integrierten Fußbodenheizung und einem Dielenboden aus geölter Ulme zugute.

Mit großer Sorgfalt: Die Holzkonstruktionen der Wände, des geneigten Daches und des Flachdaches wurden von der Weizenegger GmbH aus Bad Wurzach im Werk vorgefertigt. Um die wichtige luftdichte Ebene nicht zu beschädigen, sind alle Medien in einer vorgelagerten Installationsebene organisiert.

Auf der ausgerichteten und in die Flachdachabdichtung integrierten Bodenbalkenlage wurden die Wände, das geneigte Dach und das Flachdach mithilfe eines Krans an einem Tag errichtet. Die Wände bestanden jeweils aus einem Bauteil. Das geneigte und das flache Dach wurden aus insgesamt acht 2,5 Meter breiten vorgefertigten Segmenten vor Ort zusammengebaut. Erst nach der Montage wurden die Hohlräume im Holztragwerk der Wände mit Holz fasern (100 kg/m2) und der Decke mit Holzspan-Lehm-Dämmung (110 kg/m2) ausgeblasen.

Die senkrechten Holzwände des Penthouse erhielten nach Abschluss der Zimmererarbeiten und Einbau der großen Fensterfronten abschließend ein PU-WDV-System mit einem mineralischen Putzsystem von SCHWENK Putztechnik. Es basiert hier auf 80 mm dicken purenotherm-Platten der WLS 027. Zusammen mit der holzfasergedämmten Holzkonstruktion ermöglicht dieser Schichtenaufbau, der mit einem türkis gestrichenen Putz abschließt, einen U-Wert von 0,11 W/(m2 • K). Die Attikabereiche des Penthouse sind im Kontrast dazu mit traditionellen handgespaltenen Holzschindeln aus Weißtanne bekleidet.

Die Steildachbereiche wurden über dem mit Holzspan-Lehm-Dämmung verfüllten Holztragwerk mit einer 80 mm dicken PU-Dämmung (puren Plus) gedämmt. Das Aufsparren-Dämmelement der WLS 027 schafft einen vollflächigen Dämmmantel oberhalb des Tragwerkes und ist zugleich die Basis für die darauf folgende Abdichtung, eine selbstklebende Kunststoffbahn. Dieses Steildach geht nahtlos in ein klassisches Flachdach über, das ebenfalls mit 80 mm PU (puren MV) der WLS 027 gedämmt ist. Diese Flachdachkonstruktion ist abschließend mit einer wurzelfesten Kunststoffdachbahn abgedichtet.

Das Flachdach erhielt mittig eine Holzterrasse mit Glasgeländer. So ist der Blick bis zu den Alpen frei. Rund um diese Terrasse wurde eine extensive Begrünung angelegt. Alle an diesem Penthouse eingesetzten Systeme und Schichtenaufbauten ermöglichen bei schlanken und leichten Konstruktionen hervorragende U-Werte um 0,1 W/(m2 • K) und sind – luft dicht ausgeführt – bauphysikalisch nachgewiesen und unbedenklich.

HOCHWERTIGE PU-DÄMMUNGEN AN DACH UND WAND REDUZIEREN DEN PRIMÄRENERGIEVERBRAUCH ENTSCHEIDEND

FAZIT

Das 1968 erbaute Mehrfamilienwohnhaus wurde 2014 kernsaniert und zu einem KfW-Effizienzhaus 55 umgebaut. Statt einst sechs Mietparteien wohnen jetzt bis zu 16 Personen im Haus. Der Primärenergieverbrauch wurde von 400 auf nur noch 12 kWh/(m2 • a) reduziert. Hochwertige PU-Dämmungen an Dach und Wand machen dies möglich. Geheizt wird umweltfreundlich mit der neuen „Cloud & Heat“-Technik und ein neues Penthouse prägt das im Stil der 60er-Jahre erhaltene Bauwerk.

DER BEDARF an kleinen und funktionalen Wohnungen steigt nicht nur wegen der Studenten.

INTERVIEW

Interview mit Zimmerermeister Wolfgang Jooß, verantwortlich für die Abwicklung des Friedrichshafener Penthouse bei der Weizenegger GmbH.

 

Q4: Vom Architekturbüro Weber erhielten Sie Entwurfs- und Werkpläne für ein Penthouse, die Sie im ersten Augenblick nicht begeisterten.

Wolfgang Jooß: Diese Konstruktion war am Anfang nicht unsere Vorstellung, weil wir keine Erfahrung mit PU-Dämmung auf Holzkonstruktionen hatten. Wir bauen unsere Konstruktionen normalerweise mit einer Klimamembran und Holzfaser-Dämmstoff nach außen diffusionsoffen. Aber wir wissen auch, dass sich die Materialien ändern und die Bauphysik mehr Möglichkeiten zulässt.

 

Q4: Und was hat Sie dann doch überzeugt?

Wolfgang Jooß: Als ausführendes Unternehmen mussten wir im Rahmen unserer Verantwortung zuerst die Wünsche der Bauherrschaft kritisch hinterfragen. Herr Kolb vom Architekturbüro Weber konnte alle erforderlichen Nachweise sorgfältig erbringen. Die Leistungsfähigkeit des Aufbaus bei geringer Stärke ist von Vorteil.

Q4: Im Fall eines Flachdaches haben Sie als Zimmerer ja auch das Problem, dass die Konstruktion nach außen dicht ist.

Wolfgang Jooß: Solche Aufbauten sind kritisch, haben aber auch Vorteile. Der Nachweis für den Aufbau eines Flachdaches muss erbracht werden.

Q4: Haben Sie mit Flachdächern mehr Probleme als mit klassischen Wandkonstruktionen?

Wolfgang Jooß: Wenn die Abdichtung funktioniert, gibt es keine Probleme. Zudem gibt es sieben goldene Regeln für ein bauphysikalisch nachweisfreies Flachdach in Holzbauweise: Das Dach sollte ein Mindestgefälle gleich oder größer 3 % vor und 2 % nach der Verformung aufweisen. Es sollte dunkel (z. B. schwarze Abdichtungsbahn – Strahlungsabsorption a > 80 %) und unverschattet sein (z. B. durch Bäume, Solaranlage) und keine Deckschichten (Bekiesung, Gründach, Terrassenbeläge) haben. Die Damp fbremse sollte feuchtevariabel sein und die Konstruktion keine unkontrollierten Hohlräume auf der kalten Seite der Dämmschicht haben. Die Luftdichtheit sollte mit einem Blower-Door-Test geprüft werden und die Holzbauteile, Schalung bzw. Holzwerkstoffplatten müssen vor dem Schließen auf Holz feuchtigkeit geprüft und dokumentiert werden.

Q4: Was spricht dann gegen nach außen dichtere Systeme auch in der Wand?

Wolfgang Jooß: Sie müssen, um sicher zu funktionieren, sehr sorgfältig ausgeführt und berechnet werden und sie sind bauphysikalisch einfach unsicherer.

Q4: Herr Jooß, besten Dank für das Gespräch.

Gerard Halama leitet seit 1989 das Büro für Fachpublizistik in Bremen. Nach seiner Ausbildung zum Maschinenschlosser studierte er Bauingenieurwesen in Bremen. Bis 1989 war er journalistisch als Pressereferent bei der KS-Info (Kalksandstein- Information) in Hannover tätig.

Hoch hinaus Das HolzBrandgefährlich