Nr. 3/2017
Das online Kundenmagazin der Schwenk Putztechnik

DAS INTERVIEW |

Q4 spricht mit Udo Schramek, Gründer und CEO der STEICO SE. Der STEICO Konzern ist der europäische Marktführer bei Holzfaser-Dämmstoffen. Zusammen mit den Konstruktionsprodukten Furnierschichtholz und Stegträger bietet STEICO ein einzigartiges integriertes Holzbausystem an.

Herr Schramek, vor wenigen Jahren fristete der Holzbau noch ein Nischendasein, heute liegt die Holzbauquote bei Einfamilienhäusern schon bei knapp 20 %. Haben Sie eine derart positive Entwicklung erwartet?
Sagen wir so: Es wundert mich nicht, dass der Holzbau eine Renaissance erlebt. Holz galt über Jahrhunderte als bevorzugter und verlässlicher Baustoff. Die Energieeffizienz von Holzgebäuden war schon immer besonders hoch und die Zimmerleute wussten, wie man Holz verbaut, damit es Jahrhunderte überdauert. Ab der Mitte des vergangenen Jahrhunderts haben aber vermeintlich günstige Neuentwicklungen im Bausektor den Holzbau verdrängt. Das sind die Gebäude, die wir heute sanieren – immer öfter auch unter Einsatz von Holz, zum Beispiel in Form von Holzfaser-Dämmplatten im WDVS. Moderne Holzwerkstoffe und eine rasante technische Entwicklung im Holzbau machen es möglich.

Stichwort WDVS. Die Branche muss aktuell starke Umsatzrückgänge verkraften. Wie geht STEICO mit dieser Situation um?
Ich kann verstehen, dass die Bauherren momentan sehr verunsichert sind, zum Beispiel im Hinblick auf die Brandgefährlichkeit konventioneller Fassadendämmungen. Es hat den Anschein, als wären viele konventionelle Systeme doch nicht so ausgereift, wie es die Hersteller propagiert haben.

Wir wollen aber nicht mit dem Finger auf andere zeigen, sondern lieber versuchen, sinnvolle Alternativen anzubieten. Holzfaser-Dämmstoffe als Bestandteil von WDVS-Lösungen haben sich über Jahrzehnte bewährt und gelten als ausgesprochen robust. Bei STEICO zählt die Fassadendämmung als Wachstumssegment.

Aber auch Holz kann brennen.
Natürlich. Unsere Holzfaser-Dämmstoffe gelten als normalentflammbar. Sie verfügen aber über ein sehr gutmütiges Brandverhalten. Die Abbrandrate ist sehr gering, giftige Rauchgase sind im Vergleich zu manch anderem Dämmstoff deutlich reduziert und Holzfaser- Dämmstoffe tropfen nicht brennend von der Fassade ab.

Alles in allem ein sehr kalkulierbares Brandverhalten, das den Rettungskräften die Arbeit nicht zusätzlich erschwert. Wir können Holzbaukonstruktionen anbieten, deren Außenwände nach REI 90-M klassifiziert sind. Das heißt, das Zeitfenster für die Rettung der Bewohner beträgt mindestens 90 Minuten. Das erachten wir als sehr hohes Schutzniveau. Für Gebäude bis Gebäudeklasse 3 gelten übrigens keinerlei Restriktionen beim Einsatz von Holzfaser-Dämmstoffen in der Fassade.

Nicht jeder Stuckateur traut sich aber ans Thema Holzbau heran, obwohl das Interesse mittlerweile sehr groß ist.
Diese Problematik kennen wir. Wir empfehlen hierfür eine Gewerke-Kooperation zwischen Holzbauer und Stuckateur. Der Holzbauer erstellt die dämmende Gebäudehülle, der Stuckateur ist für die Ausführung der Putzarbeiten zuständig und berät den Bauherrn zusätzlich in Gestaltungsfragen. So kann sich jeder auf seine eigenen Stärken konzentrieren. Der Zimmermann kann mit der Kelle eben auch nicht besser umgehen als der Stuckateur mit der Kreissäge. Gemeinsam sind beide Gewerke aber unschlagbar.

HINTERGRUND Der STEICO Konzern entwickelt, produziert und vertreibt ökologische Bauprodukte aus nachwachsenden Rohstoffen, die eine besonders hohe Wohnqualität und ein gesundes Raumklima erzeugen. Die Produkte des Münchener Unternehmens finden beim Neubau und bei der Sanierung von Dach, Wand, Decke, Boden und Fassade erfolgreich Verwendung.

Begibt sich der Stuckateur als zeitlich nachgelagertes Gewerk nicht in eine Abhängigkeit vom Holzbauunternehmen?
Ich sehe es eher als eine Partnerschaft auf Augenhöhe. Wir kennen mittlerweile etliche eingespielte Teams, die sich die Bälle zuwerfen. Während im Neubau oft der Holzbaubetrieb federführend ist, wenden sich Bauherren bei Sanierungen in der Regel eher an den Stuckateur.

Dennoch ist eine Kooperation immer etwas komplizierter, als wenn der Stuckateur die Ausführung allein bewerkstelligt.
Natürlich gibt es zu Beginn einer Partnerschaft einen gewissen Abstimmungsaufwand. Nachdem man jedoch ein paar Projekte miteinander abgewickelt hat, geht der Aufwand gegen null. Dem steht außerdem eine sehr viel höhere Wertschöpfung gegenüber. Fassaden mit Holzfaser-Dämmstoffen bewegen sich im Qualitätssegment. Hierbei zählen die Vorteile, und die Leistungen der Handwerksbetriebe werden dadurch nicht ausschließlich auf den Preis reduziert. Unterm Strich bietet sich so auch für den Stuckateur ein wesentlich größeres Verdienstpotenzial.

Welche Vorteile bringt ein Holzfaser-WDVS aus Ihrer Sicht mit sich?
Jede Menge. Da ist einmal die Stabilität der Dämmplatten, die deutlich robuster sind als viele konventionelle Dämmstoffe. Daher sind sie auch weniger anfällig für Beschädigungen durch Spechte. STEICO-Holzfaser- Dämmstoffe haben zudem eine vergleichsweise hohe Rohdichte, was dem Hitzeschutz im Sommer sehr entgegenkommt. Mehr noch: Dank ihrer sehr guten Wärmespeicherfähigkeit sorgen sie dafür, dass die Außenseite der Fassade nicht so schnell abkühlt. Das verhindert die Bildung von Tauwasser und schützt die Fassade auf natürliche Weise vor Algen und Moosen.

Unsere Putzträgerplatten sind wasserabweisend ausgerüstet. Während der Bauphase können sie für einige Wochen frei bewittert werden. Gleichzeitig sind sie diffusionsoffen. In Kombination mit den geeigneten Putzen – wie zum Beispiel dem mineralischen SCHWENK System – vermeiden unsere Putzträgerplatten Feuchtestau und halten die Konstruktion trocken.

Holzfaser-Dämmplatten können auch beim Schallschutz Vorteile bieten. Unsere Messungen zeigen, dass sich der Schallschutz durch Hartschaum-WDVS teilweise signifikant verschlechtert. Das ist bei Holzfaser nicht der Fall. STEICO-Dämmstoffe lassen sich übrigens wie normales Holz entsorgen. Einen Entsorgungsengpass, wie es bei Hartschaum im vergangenen Jahr der Fall war, kennen wir nicht. Für mich ist das ein sehr wichtiges Argument, eine Fassadendämmung soll schließlich den Wert eines Gebäudes steigern, nicht senken.

Ein Holzfaser-WDVS wird aber sicher auch Nachteile haben?
Im Bereich der Anschlüsse, zum Beispiel bei Fenstern oder Türen, sollten unbedingt die Regeldetails beachtet werden. Holzfaser mag keine dauerhafte Nässe. Die mögen konventionelle WDVS übrigens auch nicht, Holzfaser zeigt Verarbeitungsfehler nur schneller an. Um nicht missverstanden zu werden: Wir haben für alle Details sichere und vor allem praxisgerechte Lösungen. Daran sollte man sich aber halten.

„WEN ANDERS ALS DIE NATUR KÖNNEN WIR FRAGEN, UM ZU WISSEN, WIE WIR LEBEN SOLLEN, UM WOHL ZU LEBEN?“

Christoph Martin Wieland

STEICO IST EUROPÄISCHER MARKTFÜHRER im Segment der Holzfaser-Dämmstoffe.

Das führt uns zur Regulierung und Planung. Unterscheiden sich Holzfaser-WDVS hier von konventionellen Systemen?
Wir haben eine gemeinsame bauaufsichtliche Zulassung zusammen mit der SCHWENK Putztechnik. Hier sind die Verarbeiter also auf der sicheren Seite und können ihre Materialien weiterhin bei ihrem bevorzugten Händler einkaufen. Dazu kommt eine ganze Reihe von technischen Hilfestellungen: angefangen von Verarbeitungsbroschüren über Detailkataloge bis hin zu Verarbeitungsvideos und speziellen Seminaren. Gemeinsam mit der SCHWENK Putztechnik veranstalten wir zum Beispiel regelmäßig das Forum Holzbaukompetenz. Hier haben wir eine Plattform geschaffen, bei der sowohl Holzbauer als auch Stuckateure einen Blick über den jeweiligen Tellerrand werfen können. Dadurch wird die Kooperation der Gewerke noch intensiver.

Lassen Sie uns noch einen Blick in die Zukunft werfen. Was kann der Stuckateur in Zukunft von STEICO erwarten?
Wir haben noch einige Ideen in der Pipeline. Wir arbeiten intensiv an einer besonders leichten Variante unserer Dämmplatten. Damit ließe sich zum Beispiel das Handling bei hohen Dämmstärken verbessern, vor allem bei geklebtem und gedübeltem WDVS. Parallel dazu optimieren wir unsere mehrschichtigen Wandaufbauten – eine Kombination aus Stegträger, Einblasdämmung und dünnen Putzträgerplatten. Sie sehen, beim Holzbau wird es sicher nicht langweilig.

Herr Schramek, vielen Dank für das Gespräch.

BrandgefährlichHolz und Kalk